Sicher, es war eine Warnung gewesen,
doch niemand hatte gewusst, wie sehr es ihn treffen würde. Natürlich
sollte er auf Dauer daran zugrunde gehen, seine Kinder wären als
nächstes dran gewesen.
Sie war ihm so nahe gestanden, er hatte
kaum realisiert, dass sie nie wieder etwas gemeinsam erleben würden.
Er hatte die langen Spaziergänge mit
ihr so geliebt, er hatte stundenlang mit ihr reden können, sie hatte
ihn in schlechten Phasen getröstet und ihn, war er im Wahn, vor
seinen Dämonen beschützt.
Schlugen Flammen um seine Seele, war
sie kühlendes Wasser gewesen, und seit Jahren hatte sie ihn immer
begleitet. Oft hatte er Termine absagen müssen, weil sie nicht mit
gedurft hätte.
Ohne sie wäre er langsam erstickt, war
sie doch seine Luft zum Atmen, und wäre er eine Pflanze gewesen, war
sie der Quell, der ihn nährte, vor dem Austrocknen beschützte und
ihn zum Aufblühen brachte.
Fühlte er sich gedanklich ertrinkend
und finster, tief gefangen im Verlies seiner Gedanken, war sie eine
helfende Hand, eine Macht, die ihn nach oben zog.
Wenn er sich fühlte wie im tiefsten
Winter, durch eine stumme Schneedecke eingeschlossen und frierend,
war sie sein Frühling gewesen, der ihn auftaute, sein Boot auf dem
Meer, sein Licht in der Dunkelheit.
Er war nicht umsonst Schriftsteller
geworden, denn so konnte er sich ausleben, seine Launen und seine
Kreativität.
Monatelang hatte er sich in seiner
Hütte eingeschlossen mit ihr, Texte geschrieben, Lieder, ganze
Bücher voller Gedanken. Am Ende seiner begrenzten Zeit nur mit ihr
hatten ihn stets Selbstzweifel geplagt, bis er jedes Schriftstück
verbrannt und jede Feder zerbrochen hatte.
Sie hatte ihm ruhig zugesehen, danach
waren sie erneut aus ihrer abgeschiedenen Gegend zurückgekehrt und
sie hatte ihn vor dem Leben beschützt, vor der Freude, einer starken
Kraft, die ihn mitreißen zu schien und ihn doch wieder fallen ließ.
Die Hälfte der Zeit, die er unter den
Lebenden weilte, hatte er verstreichen lassen, gewidmet dem Alkohol,
die andere Hälfte hatte er nach einer schleichenden Erkenntnis ihr
widmen wollen.
Nun war sie tot und er hatte absolut
keine Ahnung, was er tun sollte.
Natürlich, würden andere sagen, war
sie nichts wert gewesen. Sie hatte ihm nie geantwortet, nur Zeichen
gegeben, dass sie verstand, doch nie eine Lösung gefunden. Sie hatte
ihn heraufgezogen, doch nicht halten können.
Niemals hatte sie ihm Worte gewidmet,
niemals hatte sie ihn umarmt, niemals hatte sie ihm geholfen, sein
Leben zu ordnen.
Sie war fast allein gedanklich für ihn
da gewesen, aber immerhin hatte er jemanden gehabt, denn sie war die
Einzige für ihn gewesen.
Sie war ihm in jeder Entscheidung
bedingungslos gefolgt, obgleich sie ihn so oft scheitern gesehen
hatte. Sie war treu gewesen.
Wölfe wie sie waren für gewöhnlich
nicht verschmust, aber manchmal hatte sie ihm die Hand geleckt.